Sind TTIP Schiedsgerichte böse?

Im Zusammenhang mit den Freihandelsabkommen TTIP und CETA konnte man in den letzten Monaten fast täglich Kritik an Schiedsgerichten, insbesondere an der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit, vernehmen. Zurück bleibt der Eindruck, es handle sich bei Schiedsgerichten um zwielichtige und unseriöse Institutionen. Dieser Beitrag geht der Frage nach, ob und inwieweit Kritik an Schiedsgerichten berechtigt ist bzw. ob womöglich generell von Gerichtsstandsklauseln, die die Zuständigkeit von Schiedsgerichten festlegen, abzuraten ist.

Motive für die Wahl von Schiedsgerichten sind häufig:

– Die Parteien können in gewissem Maß Einfluss nehmen auf die Auswahl der Richter (in der Regel drei Richter, auch in erster Instanz). Daher können Personen mit besonderer Fachkompetenz und Erfahrung in der einschlägigen Materie gewählt werden;

Vertraulichkeit. Die Parteien können in der Regel vermeiden, dass Existenz und Inhalt des Verfahrens in die mediale Öffentlichkeit gelangen;

– Möglichkeit der Beseitigung von Sprachbarrieren (Englisch als Verfahrenssprache);

– Schiedsgerichte gelten als effizienter und besser organisiert;

– Möglichkeit einer flexiblen Verfahrensgestaltung, die auf die Besonderheiten des Rechtsstreits zugeschnitten ist;

– Die Chance einer Einigung scheint deutlich höher zu sein. Wenngleich es keine verlässlichen Statistiken gibt, zeigen Erfahrungsberichte eine deutliche Tendenz in diese Richtung. Zusätzlich beschleunigend wirkt die Tatsache, dass grundsätzlich in einer einzigen Instanz abschließend entschieden wird.

Diesen Vorteilen stehen teils deutlich höhere Verfahrenskosten gegenüber. Außerdem gibt es sicherlich Materien, die bei staatlichen Gerichten weitaus besser aufgehoben sind und deren Behandlung durch die staatlichen Gerichte für die Parteien vorhersehbarer und nachvollziehbarer sein kann. Dies dürfte in der Regel gelten für wenig komplexe und standardmäßig lösbare Fälle.

Umgekehrt gibt es jedenfalls im Bereich internationaler Rechtsstreitigkeiten keine Alternative zu Schiedsgerichten. Hier kann ein neutrales Land als Gerichtsort gewählt werden, das Verfahren von nationalen Eigenheiten entkoppelt werden und die Vollstreckbarkeit eines Urteils ist durch das UN- Übereinkommen in 142 Staaten gesichert. Schiedsgerichte sind daher nicht nur das Mittel der Wahl in Rechtsbeziehungen mit Entwicklungs- und Schwellenländern bzw. Ländern, deren Gerichtsbarkeit nicht die nötigen Standards erfüllt, sondern weit darüber hinaus. So führen beispielsweise europäische Investoren aus nachvollziehbaren Gründen nur äußerst ungern Prozesse vor staatlichen amerikanischen Gerichten. Als Gründe seien insbesondere genannt die teils uferlosen Kosten und die  hohe zeitliche Belastung, beispielsweise durch sog. pre trial discoveries.

Was hat es also mit dem Transparenzproblem auf sich, das im Zusammenhang mit der Diskussion um die Freihandelsabkommen immer wieder bemüht wird? Seit April 2014 sieht das „UNCITRAL Rules on Transparency in Treaty-based Investor-State Arbitration“ vor, dass Investitionsschiedsverfahren grundsätzlich öffentlich zu führen sind. Insofern fragt sich, ob beispielsweise deutsche staatliche Gerichte ein höheres Maß an Transparenz gewährleisten. Transparenz ergibt sich hier im Wesentlichen aus der Öffentlichkeit der mündlichen Verhandlung. Allerdings weiß jeder, der einmal eine mündliche Verhandlung besucht hat, dass diese in aller Regel wenig aufschlussreich ist, es sei denn, man erhält zusätzlich Einsicht in die Gerichtsakte. Dies ist jedoch – richtigerweise – grundsätzlich für Dritte ausgeschlossen, es sein denn sie können ein rechtliches Interesse glaubhaft machen.

Fazit: Die Kritk an den Schiedsgerichten entbehrt einer tatsächlichen Grundlage und verkennt, dass ein erhebliches praktisches Bedürfnis für die Einschaltung von Schiedsgerichten besteht.

Grunderwerbsteuer ohne Übertragung von Grund?

Rein schuldrechtliche Vereinbarungen als steuerschädlicher „mittelbare Gesellschafterwechsel“
Die Grunderwerbsteuer ist die einzige Steuerart, bei der den Bundesländern die Befugnis zusteht, die Höhe der Steuersätze festzulegen. Die derzeit höchsten Steuersätze weisen mit jweils 6,5 % die Bundesländer Schleswig- Holstein, Nordrhein- Westfalen und das Saarland auf. Die Grunderwerbsteuer ist damit ein zentraler Kostenfaktor bei Immobilientransaktionen und erst recht bei rein schuldrechtlichen Gestaltungen, die unter Umständen nicht einmal auf eine wirtschaftliche Verlagerung von Immobilienvermögen abzielen.

Mit Urteil vom 09.07.2014 (II R 49/12) hat der Bundesfinanzhof (BFH) eine nach § 1 Abs. 2a GrEStG schädliche mittelbare Änderung im Gesellschafterbestand aufgrund rein schuldrechtlicher Vereinbarungen angenommen. Es ging um einen Sachverhalt, in dem Kommanditanteile und Anteile an einer Komplementär-GmbH so übertragen wurden, dass der Veräußerer einen Teilkommanditanteil von 5,6 % – und damit die grunderwerbsteuerlich relevanten mindestens 5 % – behielt. Gleichzeitig wurde allerdings hinsichtlich dieses verbleibenden Anteils dem Erwerber eine Call-Option zu einem festen Preis eingeräumt. Außerdem wurde dem Veräußerer eine Put-Option eingeräumt, wonach der Erwerber den verbleibenden Anteil zu einem festen Preis zu übernehmen hatte, sofern der Erwerber bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht von seiner Call-Option Gebrauch machen sollte. Darüber hinaus erwarb der Erwerber das auf den verbleibenden Anteil entfallende Gewinnbezugsrecht gemeinsam mit einer unwiderruflichen Bevollmächtigung zur Wahrnehmung aller Rechte und Abgabe jeglicher Erklärungen gegenüber Dritten im Zusammenhang mit dem Anteil.

Der BFH stellt darauf ab, wann wirtschaftliches Eigentum übertragen wird und definiert hierfür drei Voraussetzungen: Der Anteilserwerber muss auf der Grundlage eines Rechtsgeschäfts eine rechtlich geschützte und auf den Rechtserwerb abzielende Position erlangen, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann. Zweitens ist erforderlich, das die mit dem Geschäftsanteil verbundenen wesentlichen Rechte auf den Anteilserwerber übergegangen sind. Schließlich müssen das Wertminderungsrisiko und die Wertsteigerungschance vom Veräußerer auf den Anteilserwerber übergehen.

Da es laut BFH auf das „Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall“ ankommen soll, ist es theoretisch auch denkbar, dass eine mittelbare Anteilsübertragung auch im Falle des Fehlens einer oder mehrer der genannten Voraussetzungen angenommen wird. Schuldrechtliche Vereinbarungen über Gesellschaftsanteile sollten daher mit Blick auf ihre mögliche Grunderwerbsteuerschädlichkeit in jedem Einzelfall sorgfältig geprüft werden. Aktuell ist beispeilsweise eine Entscheidung des FG München beim BFH anhängig, die sich mit der Frage einer Änderung im Gesellschafterbestand aufgrund von Treuhandverträgen auseinandersetzt (FG München, 12.02.2014 – 4 K 1537/11). Zusätzlich unsicher ist die Rechtslage aufgrund anhaltender gesetzgeberischer Reformüberlegungen zu § 1 Abs. 2a GrEStG.

Mittelstandsfinanzierung über Crowdinvesting

Crowdinvesting hat das Potenzial, sich als attraktives Finanzierungsinstrument zu behaupten und das nicht nur für Internetgründer, sondern auch für den Mittelstand (Handelsblatt vom 2. Juli 2015 „Attraktives Online-Geld“). Crowdinvesting kann helfen, Finanzierungslücken zu schließen und ein Baustein für die richtige Mischung aus Fremd- und Eigenkapital sein. Nicht zuletzt kann auch der Mittelstand mit Crowdinvesting einhergehende Marketingeffekte gezielt für sich nutzen. Wenn es zum Beispiel um eine Nachfolgelösung oder auch um die Finanzierung eines neuen Produktes geht, kann die „frühe“ Öffentlichkeit Vorteile bringen.

Die gesetzlichen Beschränkungen sind nicht so restriktiv ausgefallen wie befürchtet: Bis zu 2,5 Mio. können eingesammelt werden, ohne der aufwendigen Prospektpflicht entsprechen zu müssen und private Einzelanlagen dürfen bis zu 10.000 Euro betragen. Die Erstellung des vom Gesetz geforderten Vermögensinformationsblattes stellt keine allzugroße Hürde dar – sie kann sogar hilfreich sein, um die eigene Strategie zu hinterfragen und besser auf den Punkt zu bringen.

Das Bedürfnis kleiner und mittlerer Unternehmen nach einfachen und transparenten Finanzierungsformen ist damit erfüllt. Die üblichen Hausaufgaben bleiben dem finanzierenden Unternehmen allerdings auch hier nicht erspart: Die Prüfung, welche Volumina, Laufzeiten, Verzinsungen zum Projekt und zum Unternehmen passen sowie die Prüfung, welche Internetplattform geeignet ist und die richtigen rechtlichen Rahmenbedingungen aufweist. Die Anzahl der Internetplattformen, die Investoren und Gründer bzw. finanzierende Unternehmen unter vorgegebenen rechtlichen Bedingungen zusammen führen, wächst stetig; ein einheitlicher Standard hat sich (noch) nicht herausgebildet.