Rein schuldrechtliche Vereinbarungen als steuerschädlicher „mittelbare Gesellschafterwechsel“
Die Grunderwerbsteuer ist die einzige Steuerart, bei der den Bundesländern die Befugnis zusteht, die Höhe der Steuersätze festzulegen. Die derzeit höchsten Steuersätze weisen mit jweils 6,5 % die Bundesländer Schleswig- Holstein, Nordrhein- Westfalen und das Saarland auf. Die Grunderwerbsteuer ist damit ein zentraler Kostenfaktor bei Immobilientransaktionen und erst recht bei rein schuldrechtlichen Gestaltungen, die unter Umständen nicht einmal auf eine wirtschaftliche Verlagerung von Immobilienvermögen abzielen.
Mit Urteil vom 09.07.2014 (II R 49/12) hat der Bundesfinanzhof (BFH) eine nach § 1 Abs. 2a GrEStG schädliche mittelbare Änderung im Gesellschafterbestand aufgrund rein schuldrechtlicher Vereinbarungen angenommen. Es ging um einen Sachverhalt, in dem Kommanditanteile und Anteile an einer Komplementär-GmbH so übertragen wurden, dass der Veräußerer einen Teilkommanditanteil von 5,6 % – und damit die grunderwerbsteuerlich relevanten mindestens 5 % – behielt. Gleichzeitig wurde allerdings hinsichtlich dieses verbleibenden Anteils dem Erwerber eine Call-Option zu einem festen Preis eingeräumt. Außerdem wurde dem Veräußerer eine Put-Option eingeräumt, wonach der Erwerber den verbleibenden Anteil zu einem festen Preis zu übernehmen hatte, sofern der Erwerber bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht von seiner Call-Option Gebrauch machen sollte. Darüber hinaus erwarb der Erwerber das auf den verbleibenden Anteil entfallende Gewinnbezugsrecht gemeinsam mit einer unwiderruflichen Bevollmächtigung zur Wahrnehmung aller Rechte und Abgabe jeglicher Erklärungen gegenüber Dritten im Zusammenhang mit dem Anteil.
Der BFH stellt darauf ab, wann wirtschaftliches Eigentum übertragen wird und definiert hierfür drei Voraussetzungen: Der Anteilserwerber muss auf der Grundlage eines Rechtsgeschäfts eine rechtlich geschützte und auf den Rechtserwerb abzielende Position erlangen, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann. Zweitens ist erforderlich, das die mit dem Geschäftsanteil verbundenen wesentlichen Rechte auf den Anteilserwerber übergegangen sind. Schließlich müssen das Wertminderungsrisiko und die Wertsteigerungschance vom Veräußerer auf den Anteilserwerber übergehen.
Da es laut BFH auf das „Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall“ ankommen soll, ist es theoretisch auch denkbar, dass eine mittelbare Anteilsübertragung auch im Falle des Fehlens einer oder mehrer der genannten Voraussetzungen angenommen wird. Schuldrechtliche Vereinbarungen über Gesellschaftsanteile sollten daher mit Blick auf ihre mögliche Grunderwerbsteuerschädlichkeit in jedem Einzelfall sorgfältig geprüft werden. Aktuell ist beispeilsweise eine Entscheidung des FG München beim BFH anhängig, die sich mit der Frage einer Änderung im Gesellschafterbestand aufgrund von Treuhandverträgen auseinandersetzt (FG München, 12.02.2014 – 4 K 1537/11). Zusätzlich unsicher ist die Rechtslage aufgrund anhaltender gesetzgeberischer Reformüberlegungen zu § 1 Abs. 2a GrEStG.